Tote zu bestatten, gehört zu den Sieben Werken der Barmherzigkeit. Bestattungen sind stets von Ritualen begleitet und mitunter wurde rund um die Beisetzung viel Aufwand betrieben. Im Fall der „Thominger“ Mumie konnte erstmals ein Verfahren dokumentiert werden, das in dieser Form bislang unbekannt war, da keine schriftlichen Quellen oder Rezepturen dafür existieren: Der Leichnam wurde rektal ausgestopft, ohne den Körper – wie sonst bei Balsamierungen – zu öffnen.
Holzspäne, Kräuter, Stoffreste und Zinkchlorid in der Leibeshöhle sollten aber keine Langzeiterhaltung bewirken. Gedacht war das Verfahren für eine kurze Zeitspanne wie z. B. eine längere Aufbahrung, einen Transport oder schlicht um die Geruchsbelästigung im Kirchenraum über der Gruft möglichst zu vermeiden. „Klassische“ Balsamierungen, die eine Mumie herstellen sollten, wurden von Chirurgen oder Ärzten durchgeführt, welche die Verfahren in schriftlichen Traktaten festgehalten haben. Die fehlenden schriftlichen Quellen zur vorliegenden Methode lassen sich vielleicht damit erklären, dass die eher „rustikale“ Prozedur vermutlich von Bestattern ausgeführt wurde, die ihr Wissen mündlich tradiert haben.
Die Mumie ist in St. Thomas seit fast 200 Jahren als lokale Attraktion belegt. Durch die vor einiger Zeit durchgeführten Untersuchungen konnte die Identität des Toten bestätigt werden: Es handelt sich um den 1746 verstorbenen Pfarrvikar Franz Xaver Sidler. Die 1653 in den Adelsstand erhobene Familie Sidler stammt ursprünglich aus dem Salzkammergut und war durch Posten in der Salzindustrie und der Verwaltung zu Ansehen gekommen. Als Franz Xaver im Alter von 37 Jahren starb, war er bereits 19 Jahre Ordensmann, 14 Jahre Priester und drei Jahre Pfarrvikar in St. Thomas. Der Geistliche, der vermutlich Pfeifenraucher war, hatte sich ausgewogen ernährt. Gegen Ende seines Lebens verschlechterte sich seine Ernährung jedoch, was mit den Mängeln während des Österr. Erbfolgekriegs erklärt werden kann. Seine Todesursache dürfte eine Lungentuberkulose gewesen sein.
Die vom Fachbereich Kunst und Kultur begleiteten naturwissenschaftlichen Untersuchungen wurden vom Münchner Paläopathologen Andreas Nerlich und dem Rechtsmediziner Oliver Peschel, Konservierungsbeauftragter für den „Ötzi“, geleitet. Die Forscher unterstützen die Pfarre St. Thomas auch bei der Umsetzung der konservatorischen Maßnahmen.
Nachzulesen ist das Leben des Franz Xaver Sidler im Buch:
„… berührt von der Majestät des Todes …“ – Die Mumie in der Kirchengruft von St. Thomas am Blasenstein.
Hrsg.: Andreas G. Nerlich, O. Peschel, J. Wimmer.
213 Seiten, 130 Abbildungen
ISBN 978-3-3903040-25-0